Das „Leben in Vielfalt“ ist „nach christlicher wie islamischer Überzeugung von Gott gewollt“, heißt es in der Einleitung zum Dialogratgeber von EKD und KRM. Das 20-seitige Papier wurde am Dienstag, 16. Juni, in München vorgestellt. Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Koordinationsrats der Muslime waren zusammengekommen, um über aktuelle Entwicklungen zu sprechen.
Eingeladen hatte der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm. Bei dem Treffen ging es auch um allgemeine gesellschaftliche Fragen, wie das Schicksal von Flüchtlingen, die nicht nur in Zahlen wahrgenommen werden sollten. Es gehe vielmehr um „Einzelschicksale und Menschen, die den gleichen Respekt und die gleiche Wertschätzung verdienen wie jeder andere Mensch auch“, erklärte Bedford-Strohm: „Ihnen auf ihrer Flucht vor Hunger, Krieg und Vertreibung beizustehen, ist nicht nur ein humanes Gebot, sondern auch eine religiöse Verpflichtung.“
Die Sprecherin des Koordinationsrates der Muslime, Nurhan Soykan, bekräftigte das: „Jeder Flüchtling ist zuallererst ein Mensch“, sagte Soykan. „Es muss alles dafür getan werden, den Geflüchteten in den Aufnahmeländern ein menschenwürdiges Überleben und Leben zu sichern.“
Als Christ oder Muslim „erkennbar auftreten dürfen“
Gemeinsamkeiten stellen EKD und KRM auch in dem vorgestellten Dialogratgeber fest: Es gehöre „zur christlichen wie auch zur muslimischen Verantwortung in der Welt dazu, sich für das gemeinschaftliche Wohl und den Frieden einzusetzen“. Dialog, der den Gegenüber wertschätzt, lasse Vertrauen wachsen. Ohne einen Dialog zwischen Religionsgemeinschaften könne „das friedliche Miteinander dauerhaft keine Gestalt annehmen“.
Die Teilnehmer an dem Treffen würdigten außerdem den hohen Stellenwert der Religionsfreiheit in Deutschland und die Zusammenarbeit von Religionsgemeinschaften und Staat. Es sei förderlich für eine plurale Gesellschaft, dass religiöse Praxis und Bezeugung in der Öffentlichkeit Raum hätten, betonten die Teilnehmer. Der Mitverantwortung für das gesellschaftliche Klima sei man sich „sehr bewusst“. Dazu gehöre auch, als Muslim oder Christ „erkennbar in der Öffentlichkeit auftreten zu dürfen.“
Niemand dürfe pauschal verurteilt werden, schreiben EKD und KRM im Dialogratgeber. Die Taten einzelner Menschen dürften nicht mit den Handlungen aller Menschen der entsprechenden Glaubensgemeinschaften gleichgesetzt werden, ebensowenig wie umgekehrt. „Eine besondere Vorsicht ist deshalb gegenüber allen Wahrnehmungsmustern geboten, die Menschen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Herkunft bestimmte Haltungen, Verhaltensweisen oder Meinungen zuordnen bzw. unterstellen“, heißt es in dem Ratgeber. „Der Dialog ist die beste Möglichkeit, um herauszufinden, wie sich mein Gegenüber selbst versteht, äußert und verhält.“
Dialog auf Augenhöhe und praktische Hinweise
Friedliches, wohlwollendes Zusammenleben zieht sich als roter Faden durch den ersten Teil des Dialogratgebers: „Die bewusste Ausgrenzung und Herabsetzung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe widerspricht dem christlichen und dem islamischen Menschenbild.“ Weiter heißt es im Kapitel „Herausforderndes“: „Gewalt, Diskriminierung und Hass haben keinen Platz, wo Christen und Muslime einander im Dialog begegnen. Da sich aber sowohl auf Herausforderndes christlicher wie auf muslimischer Seite extremistische Strömungen und Gruppen ausdrücklich auf religiöse Traditionen und Argumente stützen, ist über die klare Ablehnung solcher Grundhaltungen hinaus auch eine Auseinandersetzung mit deren Argumenten notwendig.“
Der Dialogratgeber gibt im zweiten Teil praktische Hinweise, wie die Begegnung und der Dialog zwischen Christen und Muslimen diese Ideale erreichen kann. Dazu gehören unter anderem Hinweise zum Besuch von Kirchen und Moscheen, zu gemeinsamen Festen („eine gute Gelegenheit, mit den Bräuchen und Vorstellungen einer anderen Religion in Kontakt zu kommen“) und zum gemeinsamen Beten („Wenn es einen gemeinsamen Anlass zum Beten gibt, hat es sich bewährt, wenn nacheinander Menschen Gebete ihrer jeweiligen Glaubenstradition sprechen“). Auch die Unterschiede im Fastenverständnis und bei geschlechtspezifischen Fragen werden thematisiert.
Zum Abschluss erinnert der Ratgeber an das Prinzip, selbst so zu handeln, wie man behandelt werden möchte, und nicht mit zweierlei Maß zu messen. Dieses „Grundprinzip ethischen Verhaltens“ finde sich sowohl in der christlichen als auch in der islamischen Überlieferung.
Quelle: www.evangelisch.de