Ökumene-Dezernentin würdigt rabbinische und katholische Erklärungen
Düsseldorf. In den vergangenen Tagen haben sowohl eine Gruppe orthodoxer Rabbiner als auch eine vatikanische Kommission Erklärungen zum jüdisch-christlichen Verhältnis veröffentlicht, die die Ökumene-Dezernentin der Evangelischen Kirche im Rheinland, Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, als wegweisende Dokumente und weitere Meilensteine in den Beziehungen von Christentum und Judentum bewertet. Die vatikanische Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum hat gestern mit einem Text an die vor 50 Jahren verabschiedete Erklärung „Nostra Aetate“ erinnert und aktuelle Fragestellungen im jüdisch-christlichen Dialog aufgegriffen. „Das Wegweisende an Nostra Aetate damals war, dass die katholische Lehre nicht mehr länger dem Judentum eine Kollektivschuld an der Kreuzigung Jesu zuschreibt“, sagt die Leiterin der Abteilung Ökumene im Landeskirchenamt der rheinischen Kirche. „Einen Paradigmenwechsel stellte das Zweite Vatikanische Konzil mit der Erklärung Nostra Aetate in Bezug auf das Judentum aber auch vor allem deshalb dar, weil nicht mehr nur über das Judentum geredet wurde, sondern mit ihm“, so Rudolph weiter, die auch Mitglied der rheinischen Kirchenleitung ist. „Darin sehe ich auch die wichtigste Kontinuität hin zu dem gestern veröffentlichten Dokument.“ Zwar handele es sich, anders als bei Nostra Aetate, nicht um einen offiziellen Text des Lehramtes, wohl aber seien auch in diesen Überlegungen ganz entscheidend jüdische Quellen und die jüdische Perspektive aufgenommen und zitiert. Inhaltlich liege ein Schwerpunkt vor allem in der deutlichen Ablehnung der Judenmission.
„Dass wir gelernt haben, vom und mit dem Judentum zu lernen, anstatt nur über das Judentum zu sprechen, war auch der entscheidende Quantensprung in der Erneuerung unseres Verhältnisses als Evangelische Kirche im Rheinland zum Judentum“, sagt Rudolph. In derselben Zeit, in der jüdische Gesprächspartner Nostra Aetate für die katholischen Geschwister mitprägten, habe auch die rheinische Kirche die Lernwege mit jüdischen Lehrerinnen und Lehrern wie Rabbiner Yehuda Aschkenasy beschritten, bis hin zur Synodalerklärung von 1980, die das Verhältnis der Evangelischen Kirche im Rheinland zum Judentum neu definiert habe.
Den Text einer Gruppe orthodoxer Rabbiner wiederum, der wenige Tage vor der gestrigen Veröffentlichung aus dem Vatikan bekannt geworden ist, wertet Barbara Rudolph als wegweisende Antwort auf die Entwicklungen in den christlich-jüdischen Beziehungen. Darin sprechen sich die Rabbiner unter der Überschrift „To do the Will of Our Father in Heaven: Toward a Partnership between Jews and Christians“ für eine echte Partnerschaft zwischen Christentum und Judentum aus. Unterzeichnet wurde es unter anderen von Rabbiner David Rosen aus Israel und Rabbiner Jehoshua Ahrens aus Düsseldorf. „Wir sind dankbar, dass uns hier von jüdischer Seite die Hand zum Dialog und zur Kooperation gereicht wird“, sagt die rheinische Ökumenedezernentin. „Ich bin sehr bewegt, von jüdischen Gesprächspartnern zu hören, dass auch sie anerkennen, dass wir als Christinnen und Christen demselben Gott Israels folgen. Das ist für unser Selbstverständnis ein ganz entscheidender Punkt. Jüdischerseits ist das aber natürlich kontrovers.“ Dieses Angebot der Gruppe orthodoxer Rabbiner zum Gespräch führe zu einer neuen und noch intensiveren Form des gemeinsamen Gesprächs und des gemeinsamen Handelns in der Welt. Wir freuen uns sehr auf alles, was sich aus diesem wichtigen Gesprächsimpuls ergeben wird.“
Quelle: Evangelische Kirche im Rheinland, www.ekir.de // Beitragsbild: ekir.de – Sergej Lepke